Piusbrüder gründen Schule im Allgäu

Gestörte Idylle im Allgäu. Die ultrakonservative Priesterbruderschaft St. Pius X. hat in der baden-württembergischen Provinz eine Grundschule eröffnet.Im beschaulichen Städtchen Leutkirch herrscht dicke Luft. Vor wenigen Monaten stellte die berüchtigte Piusbruderschaft einen Bauantrag für eine Grundschule im schwäbischen Kleinod. In der Region wurde schon länger über den Umzug der Grundschule aus dem Nachbarort Haslach spekuliert. Nach der offiziellen Bekanntmachung begann in Leutkirch ein wahrer Protestmarathon. Bislang unterhalten die konservativen Glaubensbrüder fünf Schulen deutschlandweit.Was ist die Piusbruderschaft?Die im Jahr 1970 von Marcel Lefebvre gegründete Piusbruderschaft betreibt unter anderem Priesterseminare in der Schweiz, Frankreich, USA und Deutschland. Die Brüder sehen sich als Hüter des wahren katholischen Glaubens, lehnen das Zweite Vatikanische Konzil in wesentlichen Teilen ab. Der Hauptsitz des deutschen Distrikts, dem seit 2006 Franz Schmidberger vorsteht, befindet sich in Stuttgart.Immer wieder machte die Piusbruderschaft mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Unter anderem wird der Vereinigung Frauenfeindlichkeit und Antisemitismus vorgeworfen. Für große Aufregung sorgten im Jahr 2009 die verbalen Entgleisungen von Bischof Richard Williamson,die ihm den Ruf eines Holocaust-Leugners einbrachten.Der Brite bestritt in einem Fernsehinterview die Existenz der Gaskammern und die millionenfache Judenvernichtung. Daraufhin wurde er im Juli 2011 vom Landgericht Regensburg in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 6500 Euro verurteilt.Gerade diese Hintergründe stimmen die Einwohner nachdenklich. Zum neuen Schuljahr besuchen schon fünfzehn Kinder die Schule. Gleich im Vorfeld der Eröffnung machte Oberbürgermeister Hans Jörg Henle (parteilos) im Interview mit dem „Südwestrundfunk“ („SWR“) klar: „Die passen nicht zu unserer offenen Stadt. Die christlichen Konfessionen haben ein gutes Verhältnis, der Kontakt zu den Muslimen ist ebenfalls gut.“Politikprofessor Gerd Langguth von der Universität Bonn spricht Klartext: „Die Piusbruderschaft ist eine rechtsradikale, antipluralistisch ausgerichtete Organisation mit gefährlicher Anziehungskraft.“ Die Brüderschaft nehme keinen positiven Einfluss auf die politische Bildung im Sinne des Grundgesetzes, so Langguth weiter. Der Parteienforscher kritisiert zudem die Schulaufsichtsbehörde: „Sie hätten der Schulgründung nicht zustimmen dürfen.“ Auch der Landesvorsitzenden der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, ist die Schule ein Dorn im Auge. Der „Schwäbischen Zeitung“ teilte sie mit: „Ich würde mir wünschen, dass eine solche Schule keine staatliche Annerkennung bekommt.“Auch andere Bürger der Stadt scheinen das so zu sehen. Die Junge Union (JU) Leutkirch-Aichstetten machte gegen den Schulumzug mobil. Eine Unterschriftensammlung um das Projekt der Piusbrüder zu Fall zu bringen, lief mit über 300 Stimmen in 4 Tagen recht erfolgreich.Laut dem Vorstand der JU in Leutkirch-Aichstetten, Johannes Engstler, gab es eine „unglaubliche“ Resonanz der Einwohner. „Uns wurden die Stifte regelrecht aus den Händen gerissen.“Gängelei und Beleidigungen bei der CDUAllerdings löste die Aktion nicht bei allen Bewohnern Begeisterung aus. Sogar Parteifreunde schossen gegen die Junge Union. „Während der Unterschriftsammlung trat ein älterer Herr auf uns zu und schrie:Ihr seid eine Schande für die CDU!“, gesteht Engstler schockiert und fügt hinzu: „Dabei ist dieser Mann Anwalt. Wir sind eine tolerante Stadt, aber sowas geht einfach nicht.“ Die Anfeindungen von Anhängern der Piusbrüder wurden noch deutlicher. „Es gab Leute die sagten, man müsse uns, die linken Ratten, rausjagen.“Pikanterweise werden die Räumlichkeiten der Schule vom stellvertretenden Ortsverbandschef der CDU, Albrecht Lutz, vermietet. Junge Union-Mitglied Engstler kritisiert: „Herr Albrecht weiß gar nicht, was er sich dort ins Haus geholt hat.“ Doch während die eigene Jugendorganisation der CDU/CSU den stellvertretenden Vorsitzenden attackiert, sieht er kein Problem in dem Umzug der Piusbrüder in die kleine Gemeinde.In einem auf der offiziellen Homepage der Piusbruderschaft veröffentlichtem Brief, schreibt Lutz, dass sämtliche Bedenken unbegründet seien: „Die moralische Kompetenz der Grundschule St. Aloysius ist von der Art , dass ihr dieses städtische Umfeld nichts anhaben kann. Sie wird der Stadt gut tun.“Protest via FacebookAllerdings ist fraglich, ob sich die Gemeinde von solchen Aussagen überzeugen lässt. Immerhin wurde auf Facebook bereits eine Gegeninitiative ins Leben gerufen. Auf „Gegen eine Pius-Bruderschafts-Schule in Leutkirch“ können die Anwohner ihrem Unmut Luft machen.Der Bürgermeister Hans Jörg Henle wollte sich aktuell nicht weiter zu dem Sachverhalt äußern. Auf Anfrage von „Die Welt“ gab eine Sprecherin des Rathauses Leutkirch bekannt, dass zu dem Thema bereits alles gesagt und in Leutkirch „absolut alles“ besprochen sei. Die über 400 Facebook-Freunde von „Gegen eine Pius-Bruderschafts-Schule in Leutkirch“ sprechen da eine ganz andere Sprache.

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